Digitalisierung der Konstruktion

Die Produktentwicklung wird oft als eine der wichtigsten Funktionen eines Unternehmens angesehen, da sie sich direkt auf die Rentabilität des Unternehmens auswirkt. Eine erfolgreiche Produkteinführung steigert Umsatz und Gewinn, während eine fehlgeschlagene Einführung beides verringert. Gleichzeitig sehen sich produzierende Unternehmen heutzutage einem zunehmend dynamischen Unternehmensumfeld gegenübergestellt. Kürzere Produktlebenszyklen, verstärkter Preisdruck, neue Wettbewerbssituationen und insbesondere der Bedarf nach immer mehr Individualisierung bei gleichzeitig hohem Funktionsumfang stellen Unternehmen vor neue Herausforderungen.

Innerhalb der Produktentwicklung nimmt die Konstruktion eine zentrale Stellung ein. Hier wird der Entwurf des Produkts (Maschine, Anlage, Apparat, Gerät oder Bauwerk) so ausgearbeitet, dass seine Fertigung möglich wird. Das Arbeitsergebnis ist ein Prototyp bzw. ein Produktmuster, das dann zur Serienreife gebracht werden kann sowie die zur Fertigung nötigen Unterlagen, wie z. B. technische Zeichnungen, Montageanleitungen und die Konstruktionsstückliste.

Komplexität entsteht in der Konstruktion zum einen durch die Produkte selbst: So werden z. B. moderne Maschinen heute nicht mehr von mechanischen Komponenten dominiert, sondern beinhalten mittlerweile eine komplexe Mischung aus Elektronik, integrierten Systemen und IoT-Konnektivität. Elektronische Hardware wie Sensoren, Kabel und Antennen sorgen für Verarbeitungsleistung, Erfassung und Vernetzung. Eine integrierte Software steuert diese Systeme und fungiert als eine intelligente Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine.

Die Entwicklung und Konstruktion solcher komplexen Produkte erfordert einerseits die Berücksichtigung vieler Daten aus unterschiedlichen Quellen. Zum anderen dreht sich bei der Konstruktion von heute alles um Zusammenarbeit. Um eine schnelle Produktentwicklung und -vermarktung zur realisieren, müssen heutzutage nicht nur verschiedene Unternehmensbereiche miteinander kooperieren. Die Zusammenarbeit geht oft über die Unternehmensgrenzen hinaus und insbesondere bei intelligenten, vernetzten Produkten, schließt sie technische und nicht-technische Teams bei Konstruktionspartnern oder sogar beim Kunden, Maschinenbauingenieure, Elektroingenieure und Softwareentwickler ein. In einer Vielzahl von Unternehmen ist schon eine bereichsübergreifende Kommunikation auf der Ebene der Informationstechnologie (IT)-Lösungen und ein automatisierter Datenaustausch jedoch noch nicht möglich. In den einzelnen Unternehmensbereichen entstehen häufig Daten unterschiedlichster Struktur und Systematik.

Für die Bewältigung der genannten Herausforderungen spielt das Product Lifecycle Management (PLM)-Konzept eine entscheidende Rolle. Beim PLM handelt es sich um einen Ansatz zur ganzheitlichen, unternehmensweiten Verwaltung und Steuerung aller Produktdaten und Prozesse des gesamten Produktlebenszyklus entlang der erweiterten Wertschöpfungskette – von der Entwicklung und Produktion über den Vertrieb bis hin zur Wartung. Ziel ist es dabei, den Produktentstehungsprozess ganzheitlich durch konsistente Methoden, Modelle und Werkzeuge zu unterstützen sowie die Produktivität dieses Prozesses in seiner Gesamtheit zu erhöhen. Zur Unterstützung dieses Ansatzes existieren IT-basierte PLM-Lösungen, die mit ihren Funktionen die Umsetzung des PLM-Ansatzes in großen Teilen erst ermöglichen.

Durch die unternehmensweite Etablierung des PLM-Gedankens und eines PLM-Systems wird es möglich, bereits in den frühen Phasen des Produktlebenszyklus, d.h. in der Produktentwicklung, Anforderungen und Feedback aus späteren Produktlebensphasen zu berücksichtigen. Dies ermöglicht eine nachhaltige Produktentwicklung, die Wertschöpfung fokussiert und Verschwendung eliminiert.

Die Produktentwicklung an sich ist dabei nur ein Teil der vielen Unternehmensbereiche, in denen Software-Lösungen die Produktivität gesteigert haben. Die gesamte Auftragsabwicklung oder die Verwaltung von Dokumenten sind beispielsweise in größeren Unternehmen ohne IT-Unterstützung heute nicht mehr denkbar. Insgesamt ist somit die abteilungs- und standortübergreifende Verwaltung der während des Produktlebenszyklus erzeugten Daten eine der Kernaufgaben des PLM. Der Mehrwert einer PLM-Lösung liegt in Konzepten für ein umfassendes Datenmanagement und damit in der Unterstützung bei der Beherrschung der Vielfalt an produkt- und prozessbezogenen Daten.

Dieses umfassende Datenmanagement entlang des kompletten Produktlebenszyklus stellt enorme Herausforderungen an die Software-Lösungen, da Produktdaten für alle beteiligten zugriffsberechtigten Personen an verschiedenen Standorten in der erweiterten Logistikkette jederzeit zur Verfügung stehen müssen. Nur ein ganzheitliches IT-Konzept zur Integration der Software-Lösungen kann diese Anforderung erfüllen und PLM-fähige Prozesse ermöglichen.

Wegen des komplexen IT-Umfangs gestaltet sich bisher die Auswahl einer Software-Lösung zur Unterstützung des PLM für produzierende Unternehmen als eine sehr aufwendige und unübersichtliche Aufgabe. Dies liegt darin begründet, dass die produktbezogenen Prozesse über die Abteilungsgrenzen hinausgehen und damit ein breites Spektrum integrierter Funktionen für die durchgängige Datenverwaltung entlang des gesamten Produktlebenszyklus erfordern. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) verfügen in der Regel über keine strukturierte Methode zur Auswahl geeigneter PLM-Lösungen. Der Aufwand für die methodische Auswahl einer geeigneten Lösung übersteigt die Möglichkeiten der unter Zeit- und Kostendruck stehenden Unternehmen. Daher wurde in der Vergangenheit oft versucht, eine Software-Lösung ohne strukturiertes Auswahlprojekt im Unternehmen zu etablieren. Dies führt meist zu einem schlechten Nutzen-Aufwand-Verhältnis, da entscheidende Nutzenpotenziale mit ungeeigneten Software-Lösungen nicht erschlossen werden können.

Der PLM -Markt zeichnet sich durch eine große Vielfalt potentieller Software-Lösungen aus. Diese sind alle mehr oder weniger modern und auf ihre Art leistungsstark, aber nicht jedes Software-Produkt eignet sich für jedes Unternehmen, weil es von Fall zu Fall unterschiedliche Rahmenbedingungen im Hinblick auf die abzubildenden Prozesse und die Anforderungen an die Technologie gibt. Auch das Dienstleistungsangebot der Hersteller und ihrer verschiedenen Vertriebspartner unterscheidet sich zum Teil erheblich. Die Herausforderung, vor der ein Unternehmen bei der Auswahl einer passenden PLM-Lösung steht, sollte daher nicht unterschätzt werden.