Keine Messen, kaum Veranstaltungen, selten persönliche Treffen und auch per Post versendete Informationen und Broschüren kommen oft verspätet oder gar nicht bei den gewünschten Empfängern an, weil diese nicht im Büro, sondern im Homeoffice sitzen – die Arbeit in Marketing, Vertrieb und After-Sales-Service ist in diesem Jahr noch einmal deutlich schwieriger geworden. Viele der Kanäle, die bisher bei der Neukundengewinnung, Kundenbindung oder Cross- und Upselling genutzt wurden, sind auf unbestimmte Zeit schlicht weggefallen oder haben zumindest viel von ihrer Wirksamkeit verloren.
Die meisten Unternehmen mussten ihre Marketing- und Vertriebsaktivitäten zwangsläufig fast komplett auf Internet, E-Mail und Telefonie umstellen. Auch wenn diese Kanäle wohl in den meisten Unternehmen auch schon „vor Corona“ genutzt wurden, entstehen durch ihre derzeitige Alternativlosigkeit doch neue Herausforderungen für die Kampagnenplanung und -durchführung – sei es zur Generierung neuer Leads für das bestehende Produktportfolio, zur Vermarktung eines neuen Produktes oder zum Vertrieb von Dienstleistungen und Services an Bestandskunden.
Zum einen gilt es, sich in den enger werdenden Kanälen durch kreative und hochwertige Inhalte von den Mitbewerbern abzusetzen und Interesse für die eigenen Produkte und Dienstleistungen zu wecken. Zum anderen müssen interne Prozesse angepasst werden, um die unterschiedlichen, teilweise parallellaufenden Kampagnen vorzubereiten, die Responses nachzuverfolgen und z.B. Leads, trotz der eingeschränkten Ansprachemöglichkeiten, verlässlich zu Kunden weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang entstehen auch noch einmal höhere Anforderungen an das Datenmanagement – beginnend bei der Dokumentation der Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten für Marketingzwecke bis hin zur Möglichkeit, Adressen sinnvoll für bestimmte Vertriebskampagnen zu selektieren und für andere zu sperren, damit Kontakte sich nicht durch zu viele Mails und Anrufe belästigt fühlen.
Schon vor der aktuellen Krise haben laut der repräsentativen Trovarit-Studie „CRM in der Praxis 2019/2020“ rund 58% der Unternehmen kurzfristig Investitionen in ihre CRM-Infrastruktur geplant. Trotz der derzeitigen allgemeinen Zurückhaltung bei Investitionen dürfte sich Corona letztendlich als Treiber für den Ausbau oder die Modernisierung der Software-Unterstützung für das Customer Relationship Management erweisen, denn ganz abgesehen von den schon zuvor identifizierten Schwachstellen und Optimierungspotenzialen ist insbesondere die Aufgabe „CRM in der Krise“ ohne passende Systeme kaum zu bewältigen.
Das Schlüsselwort in diesem Zusammenhang ist „passend“ – denn zur Unterstützung der Geschäftsstrategie der Kundenorientierung in einzelnen Wirtschaftszweigen und Branchen sind die vielen auf dem Markt erhältlichen Softwaresysteme unterschiedlich gut geeignet. Sie müssen den speziellen Anforderungen der Branchen genügen und in den jeweiligen Marktsegmenten die Grundlage für die Ausprägung der speziellen Methoden und Werkzeuge bilden. Dabei sollte nicht übersehen werden, dass die in einzelnen Branchen geltenden Gesetzmäßigkeiten des Kundenbeziehungsmanagement und daraus folgenden Methoden und Werkzeugen nicht generell gelten. CRM ist unter diesen Gesichtspunkten eben nicht CRM. Beispiele für derartige gravierende Unterschiede finden wir im typischen Business-to- Business-Geschäft (B2B) zum Unterschied von Business-to-Consumer-Märkten (B2C).
Typische Branchen im B2C-Markt, dem Geschäft mit Endverbrauchern, sind Versandhandel, Direkt-Banken, Versicherungen, Touristik, Telekommunikation und Energieversorgung. Das Consumer-Geschäft kennzeichnet meist sehr große Kundendatenbanken für mehrere Millionen Kunden und den Vertriebskanal Call-Center für die Kundenbetreuung. Wegen der großen Datenmengen werden hier leistungsfähige Analysesysteme und -verfahren (Analytisches CRM) eingesetzt. Stark ausgeprägt ist hier auch das sog. „Collaborative CRM“, mit dem die Kommunikation über verschiedene Vertriebskanäle unterstützt wird. BtoB-Unternehmen mit Branchen wie Maschinenbau, Investitionsgüterindustrie, Pharmaindustrie, Konsumgüterindustrie betreuen hingegen relativ wenig Kunden und bevorzugen dabei eine Außendienstorganisation. Daraus resultieren völlig andere Geschäftsprozesse und Softwareanforderungen, weshalb hier auch andere Anbieter und andere CRM-Systeme zum Zuge kommen. Der überwiegende Teil der Softwarehersteller und -anbieter operiert im B2B-Markt.